lucie mercadal
Pique-Nique | Karin Kalmoz
Die Künstlerin Lucie Mercadal zeigt in einer Black Box im Großen Schwimmerbecken ein Video mit dem Titel „pique-nique, das im Kontext vorangegangener Videoarbeiten steht. Eine performative Situation wurde an einem markanten Ort in Wolfsburg angesiedelt und stellt so den Bezug zum Thema der Ausstellung her.
In ihrer künstlerischen Auseinandersetzung konfrontiert Mercadal die gesellige Tradition „à grand air“ mit öffentlichen Orten, an denen ein Picknick geradezu absurd erscheint. Ihr Augenmerk richtet die Künstlerin dabei auf Örtlichkeiten, die in der öffentlichen Wahrnehmung eher ausgeblendet werden: Häufig an den Stadtrand verbannt, sind es Brachen, verlassene Industriegebiete – Zwischenorte mit verfallender Infrastruktur und unklarer Zukunft.
Auch der Ort in Wolfsburg, den sie für ihr Picknick ausgewählt hat, beinhaltet diesen Aspekt: Er ist da und doch nicht da, hunderte VW-Mitarbeiter gehen jeden Tag an ihm vorbei, ohne ihn wahrzunehmen. Den Busch am Straßenrand, kurz vor dem Tunnel zu Tor 7 des Volkswagenwerkes gelegen, nehmen die drei Teilnehmer des Picknicks in Beschlag, sie lassen sich dort nieder und machen es sich gemütlich. Die zum Schichtwechsel vorbei eilenden VW-Mitarbeiter scheinen sie nicht zu stören. Im Gegenteil agieren die Beteiligten mit einer Selbstverständlichkeit, die angesichts der Umgebung völlig verstörend ist – obwohl sie beobachtet werden gelingt ihnen, ihrem Picknick eine Ausstrahlung von entspannter Intimität zu geben.
Sehr anschaulich beschäftigt sich die Szene mit dem Verhältnis von Arbeit und Freizeit, indem sie auf eine ironische Weise eine Inszenierung von Freizeit mit dem realen Arbeitsalltag konfrontiert. Dieses Thema ist in einer Stadt wie Wolfsburg, in der sich alles um die Automobilindustrie dreht, besonders virulent.
Der Gegensatz von Öffentlich und Privat wird völlig aufgehoben, durch die Beschlagnahmung und Aneignung wird dieser „tote“ Ort lebendig und bietet die Möglichkeit der Begegnung und der Interaktion, auch mit den vorbeigehenden Passanten. Auf eine lockere Art wird mit offenen Karten gespielt, die Kamera wird nicht versteckt und somit ist die Künstlichkeit der Situation sofort zu erkennen. Der Fokus liegt nicht auf den Darstellern der Picknick-Szene, sondern Passanten und Darsteller haben die gleiche Wichtigkeit, man könnte sogar sagen, dass die Inszenierung nur ein Vorwand ist, um die Aufmerksamkeit auf die vorbeieilenden Passanten und ihre Reaktionen zu lenken.
In den Videos von Lucie Mercadal sind die Eingriffe in der Regel temporär – und bekommen durch ihre Flüchtigkeit einen fast illusionistischen Charakter, wie ein kurzer, magischer Moment. Ihre performativen Eingriffe können eine Anregung sein, brachliegende, unbeachtete Möglichkeiten stärker wahrzunehmen und mit Leben zu füllen. Auch in Wolfsburg gilt es, diese Möglichkeiten zu erkennen und sie spielerisch und kritisch zu nutzen.
Pique-Nique
Karin Kalmoz | 2013
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